Das 1x1 für Verschwörungstheoretiker und Koalitionsverhandler

Suggeriert man Menschen, die Kontrolle über eine Situation verloren zu haben, suchen sie auch im scheinbaren Chaos nach Halt. Das führt nicht nur dazu, dass in wirren Mustern Bilder erkannt werden - wie das Wissenschaftsmagazin "Science" auf seiner Webseite von einer Studie der Management-Forscherin Jennifer Whitson von der University of Texas gemeinsam mit dem Psychologen Adam Galinsky von der Northwestern University im Bundesstaat Illinois berichtet - die gar nicht vorhanden sind, sondern lässt auch vermehrt zu abergläubischen und verschwörungstheoretisch unterfütterten Interpretationen greifen.

Es ist nicht nur das Rezept für einen erfolgreichen Wahlkampf: Zuerst Verwirrung stiften, Unheil heraufbeschwören und den Menschen das Gefühl geben, dass sie dem Allem hilflos ausgeliefert seien. Der zweite Schritt ist dann scheinbare Ordnung anzubieten, indem einfache Zusammenhänge suggeriert und Lösungen angeboten werden.

Wer einen Zusamenhang mit dem österreichischen Rechtspopulismus herstellt und ein Aha-Erlebnis hat, der sollte zuerst noch einmal durchatmen und nachdenken. Die Methode ist nämlich gängig und keineswegs auf Rechts reduziert. Dasselbe Bild kennen wir schon aus der Ökodebatte, aus chilliastischen Weltuntergangstheorien abgeschauten Ökokatastrophenphilosophie und selbst in der aktuellen Koalitionsfrage bietet sich dieses Rezept allen Parteien an, die endlich zum Zuge kommen wollen. Ohne Ausnahme.

Die große Koalition ist abgewählt, wird behauptet. Ja stand eine Koalition zur Auswahl auf dem Stimmzettel? Und nun kommen die "Retter" nicht nur aus den Rechtsparteien. Auch die Grünen könnten sich mit einem Finanzminister beteiligen. Die Rettungsidee liegt darin, dass sich Schwarz-Rot über dieses Amt in Streit geraten könnten und die "neutralen" Grünen deshalb dafür prädestiniert wären. Abgesehen von dem Umstand, dass eine "Kenia-Koalition" ebensowenig den Wählern zur Auswahl stand, wird die als "Verlierer-Koalition" abgetane große Koalition mit der Aufnahme der Grünen erst recht eine solche.

Management-Forscherin Jennifer Whitson empfiehlt in solchen Situationen: Kräftiges Durchatmen, mit den Füssen stampfen oder an ein schönes Erlebnis denken: Dies hilft in schwierigen Situation mit kühlem Kopf zu entscheiden statt Illusionen auf den Leim zu gehen.

Links: Lacking Control Increases Illusory Pattern Perception
Psychologie: Ich sehe was, was es nicht gibt
Science Podcast: an interview with Jennifer Whitson on how lacking control increases illusory pattern perception.
Lacking Control Increases Illusory Pattern Perception - Supporting Online Material

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