Kein Walserstolz: Glück auf!

Es sind kleine und wenige Schritte, an denen man sich heute in der Tagespolitik erfreuen kann. Einer dieser Freuden vermittelt täglich das Weblog von Harald Walser. Der Quereinsteiger in das politische Geschäft denkt umtriebig vorwärts. Er hat verstanden, dass es nichts nützt, die Wähler von FPÖ und BZÖ als Dumpfbacken oder Nazis zu beschimpfen, so sehr sich dort an den Rändern beiderlei Personengruppen gegen die Demokratie, Menschenrechte und eine offene Gesellschaft zu schaffen machen. Dabei könnte sich Harald Walser zurücklehnen, die Brust stolz geschwellt zeigen: Die zweitstärkste Partei in Vorarlberg! Das ist nicht ohne!

Aber Harald Walser trommelt sich nicht wie ein Gorilla auf die Brust!

Farbenmemory. Zurückgelehnt haben sich Vorarlbergs Sozialdemokraten und verharren in dieser wählerfernen Haltung. Den Wahlkampf hatten sie schon ganz einfach Werner Faymann überlassen und bei den TV-Duellen ihn im tiefen Sofa und den Hauspatschen bewertet. Wie in einen Boxkampf Ringrichter gespielt, wortreich WBA-Gürtel zum Knabbergebäck verteilt.

Kandidaten, die auch Wähler mobilisieren können und den grandiosen Ideenfundus der sozialdemokratischen Politik und Geschichte für Menschen verständlich und realisierbar machen, hat man erst gar nicht gesucht. Krisenmanagement nicht betrieben, sozialdemokratische Wahlforderungen weder hinterfragt noch sich ernstlich dafür engagiert. Die parteipolitische Vernaderung von der Kronenzeitungsunterstützung auch als einzige für bare Münze genommen und daran so geglaubt, wie "Die Christen" an den bevorstehenden Weltuntergang als neue Zukunft. Bündnispartner hat man keine gesucht und in realiter auch keine Wähler. Der Werner Faymann wirds schon machen. Fantasie- und ideenlos ist noch keine ausreicheende reale Beschreibung der sozialdemokratischen Politik in Vorarlberg.

Die politischen Verhältnisse sind nach diesen Wahlen so klar wie kaum je zuvor. Es gibt nur eine große Koalition und da muss man sich zusammenraufen, das heisst Kompromissfähigkeit, das heisst die Leute dafür gewinnen, die Lage erklären, weite Teile der ÖVP auch wieder zurück holen in einer an Demokratie und Menschrenrechten orientierten Bürgerpolitik. Statt aber sich die Laufschuhe anzuziehen, werden aus dem Ledersessel Farbenspiele konstruiert: Rot-Schwarz-Grün. Bei diesem kindlichen Memory-Spiel werden die Grünen gar noch komprimittiert, in das lecke Boot der Wahlverlierer geholt. Statt Leck abdichten, Wasser pumpen und Steuerrad bedienen, soll das Boot in stürmischer See weiter beladen werden. Kaum glaubbar, dass nicht nur rechte Propaganda sondern auch der Souverän das anders sehen werden.

Helft Harald Walser! Am Wahltag erzählte ein ÖVP-Mandatar, der in seinem Wohnsitzsprengel Wahlbeisitzer war über das Stimmenzählen: "Mir wurde schwarz (sic!) vor Augen vor lauter FPÖ- und BZÖ-Zetteln. Ich muss mich fragen, was für Leute wohnen um mich? Kenne ich die wirklich?" Damit hat er vielleicht anders als er es verstanden wissen wollte, die Frage der Fragen gestellt, die zu stellen ist: Wer sind meine Nachbarn, was tun sie, wie (gut) leben sie wirklich? Was sind ihre Sorgen und Nöte? Warum grüßen sie mich auf der Straße und im Garten so freundlich und zuvorkommend und warum geben sie mir dann aber am Wahltag einen Tritt?

Harald Walser ist - wie er es auch in seinem Altach-Buch deutlich macht - als Historiker einem mentalitätsgeschichtlichen Verständnis nach Lucia Varga zugänglich. Ich habe nie verstanden, dass es niemanden im Erinnerungsjahr eingefallen war, zumindest an den Schulen den einmaligen Aufsatz und Glücksfall von Lucia Varga über ein "Tal in Vorarlberg" als Sonderdruck aufzulegen. Im (leider vergriffenen) Suhrkamp-Taschenbuch 892 "Ein Tal in Vorarlberg - zwischen Vorgestern und Heute." (gemeint ist das Montafon) betreibt 1935 die jüdische, aus Wien nach Paris emigrierte Historikerin Lucie Varga volkskundliche Feldforschungen im Montafon. Wir verdanken ihr eine Reportage über den Wandel der Arbeits- und Lebensbedingungen, zu der die jüdische Emigrantin unter Einsatz ihrer persönlichen Sicherheit und des Lebens nach Österreich, ins Montafon reist. Auch heute wäre ein Sonderdruck noch eine meist bessere Wahlbroschüre als das was tatsächlich auf dem "Markt" war. Wenn man mit diesem Verständnis einer Lucia Varga das Wahlergebnis einmal analysiert, dann ist man den Lösungen Kilometer näher.

Also krempelt die Ärmel hoch, arbeitet mit Armen und Beinen, mit Kopf und Herz Harald Walser zu. Noch ist sein Engagement frisch und im politischen Alltag überkommt rasch die Resignation. Und eine ganze Menge Hürden warten, die Herz und Kopf vieler Menschen beanspruchen: Europa hat sich bereits angeschickt, in seinen Vorhöfen Krieg zu führen, der Welt droht nicht nur Klimawandel sondern eine Hungerkatastrophe, die Weltwirtschaft kriselt nicht nur, sie droht zu kollabieren. Wenn die Wähler, Völker, Regierungen auf diese Krisen nicht wie wiederholt in der Geschichte reagieren sollen, dann müssen wir zupacken. Die Wahrscheinlichkeitsrechnung der Geschichte sagt ein Misslingen voraus. Das Prinzip Hoffnung ist die andere Möglichkeit. Diesem Prinzip Hoffnung in allen Parteien eine Chance zu geben, welches Harald Walser - möglicherweiser erst für sich und einen Kreis grüner Mitarbeiter formuliert hat - das ist die Aufgabe hier und jetzt.

Prinzip Hoffnung.
Gelingt die noch nur in Umrissen von Harald Walser deutlich gemachte Absicht, dann ist es nicht nur eine, die die Grünen weiterbringt, dann strahlt sie auch anderswo aus, bereichtert und wirkt. Dann erfüllt sie das, was alle Wahlwerber für den österreichischen Nationalrat immer versprechen: "Für Österreich".

Gerne würden auch die Wähler statt der Partei-Plakatierer einmal darunter schreiben: Versprochen und gehalten!

Mehr:
Weblog Dr. Harald Walser
Nationalsozialismus im Bregenzerwald
Walser- und/oder Sarazenenwanderung
Dr. Harald Walser

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