Die Frakturschrift wird von rechts und links mit einer Nazischrift gleichgesetzt. Es ist gewiss falsch, eine Schrift, die seit dem 16. Jahrhundert die vorherrschende Druckschrift im deutschsprachigen Raum war, aufgrund ihrer Popularität in den Jahren 1933 bis 1941 nur als Nazi-Schrift zu bezeichnen. Und den rechten bildungsfernen Gangs kann zumindest dies nachgesehen werden, dass sie nicht wissen, dass im Deutschen Nazi-Reich ab 1941 die Frakturschrift als "Judenlettern" verboten wurde, wiewohl der Briefkopf eben dieses NSDAP-Rundschreibens wiederum ausgerechnet in diesen Lettern gesetzt war. Im Völkischen Beobachter wurde die Frakturschrift bis dahin für Überschriften verwendet, die sogenannte "Bernhard Fraktur". Dies stammte allerdings tatsächlich von einem Juden, nämlich dem aus Stuttgart stammenden Lucian Bernhard, dem ersten deutschen ordentlichen Professor für "Reklamekunst".

Dr. Martin Graf. Die wenigen weniger bildungsfernen Nationalen, wie etwa der Burschenschafter Dr. Martin Graf setzte sich in einer Anfrage im Parlament (2933/J XX.GP des Abgeordneten Dr. Martin Graf und Kollegen) geschickt für den Verbleib einer Gedenktafel für einen Burschenschafter (aB der akad. B ! Brixia Innsbruck, AH der p.c.Vl Ostmark Linz) mit Runen und Frakturschrift ein, weil das ja eine Schrift sei, die "unter der Herrschaft der Nationalsozialisten verboten" war. Dabei unterschlägt er aber geflissentlich, dass die "Frakturmode" unter den Nazis bis 1941 tatsächlich einen absoluten Höhepunkt erreicht hatte. Tausende ihrer Propagandaschriften zeigten dieses Schriftsystem. Dieser Bezug ist nicht mehr aus der Welt zu schaffen. Und er ist absolut richtig: die Nazis haben die Fraktur-Schriften bis dahin überhöht und als die einzig "wahre deutsche Schrift" propagiert und das Gros ihrer Propagandaschriften entstand wohl bis 1941. Die moderneren Schriften brauchte man im Nazi-Deutschland erst mit seiner kriegerischen Expansion in den besetzten Gebieten, weil man dort die Fraktur nicht entziffern konnte. Und so ist die Frakturschrift im Kontext durchaus noch eine NS-Propaganda, ein Parteiabzeichen am Revier. So war sie auch gemeint. Als politisches Signal, das auch Dr, Martin Graf verstanden hat.

Ihr absoluter Förderer war aber schon Bismarck. So verweigerte dieser 1886 die Lektüre einer wie üblich in Antiqua gesetzten wissenschaftlichen Abhandlung, mit der Begründung, dass er es ablehne, Texte in deutscher Sprache mit lateinischen Lettern gedruckt zu lesen. Während Jakob Grimm - diese Urgestein deutscher Sprachwissenschaft - sich 1854 im Vorwort zum "Deutschen Wörterbuch" vehement für die Antiqua (eine karolingische und nicht lateinische Schrift!) einsetzte, ist 1871 mit der Gründung des Deutschen Reiches die Fraktur zur offiziellen Amtsschrift erklärt worden.
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